Pilgern beWEGt!

Jugendliche auf dem Pilgerweg zwischen Loccum-Volkenroda

Foto: Leonie Jannack

"Was, sind wir etwa schon da?" fragt sich Leo, als wir um die letzte Ecke biegen. Im Schatten eines Baumes warten schon ein paar Jugendliche unserer Gruppe vor dem Eingangstor des Klosters. Es ist geschafft: 85 km in vier Tagen, ein Rucksack mit allem, was wir brauchen auf dem Rücken, Wanderschuhe an den Füßen. Wer hätte das gedacht. "Irgendwie ein komisches Gefühl, auf einmal angekommen zu sein" sagt Lena und mehrere stimmen ihr sofort zu. Gemeinsam gehen wir durch das Tor, ganz beschwingt und erleichtert, endlich angekommen zu sein.

17 Jugendliche und zwei Teamende haben sich gemeinsam auf den Weg gemacht, einmal etwas ganz Neues anszuprobieren. Zu Fuß auf dem Pilgerweg zwischen Loccum und Volkenroda sind wir die letzten vier Tagesetappen gelaufen, haben in Gemeindehäusern auf dem Weg übernachtet und uns selbst verpflegt.

 

Verabschiedet wird die Gruppe am Hannover Hauptbahnhof von Diakonin Anna Thumser mit einem Reisesegen. Nächster Halt: Friedland. In der katholischen St. Norbert Gemeinde werden wir bereits erwartet. Von dort brechen wir am nächsten Tag gegen späten Vormittag auf richtung Heiligenstadt. Nach einer kurzen Andacht heißt es Rucksäcke aufsetzen, einen Dehnkreis bilden und 1, 2, 3, hopp! - Los gehts!

Geplant ist für jeden Tag eine Strecke von gut 20 km. Gleich zu Beginn werden schon Wetten abgeschlossen, wie oft wir uns an diesem Tag verlaufen werden. Leider sollen sie Recht behalten. Gleich zweimal sind wir nicht mehr auf dem Pilgerweg und auch Google Maps macht widersprüchliche Aussagen. Manchmal hilft fragen weiter, manchmal irren wir ein wenig und gelangen durch Zufall wieder auf den richtigen Weg. Alles soweit kein großes Problem, würden nicht die Supermärkte pünktlich um acht Uhr schließen und würden vor uns nicht die Pfingsttage liegen. Als Teamer übernimmt Paul mit zwei Teilnehmenden das „Speedteam“. Wir erreichen gemeinsam unsere zweite Herberge in Heiligenstadt, das „Speedteam“ bringt einen voll beladenen Einkaufswagen mit: Verpflegung für die nächsten zweieinhalb Tage und ausreichend Schokolade. Nach dem Abendessen und einer Dusche fallen nach und nach alle ziemlich erschöpft auf ihre Luftmatratzen.

 

Foto: Franziska Feldmann

So verbringen wir jeden Tag: Aufstehen und packen, laufen und ausruhen, essen und singen, schlafen. Ganz einfach und auf das Wesentliche reduziert. Auch wenn das Laufen nicht von einem Tag zum nächsten leichter wird, so gewöhnen wir uns doch ein wenig daran. "Der erste Moment, wenn die Füße wieder in Wanderschuhen stecken und der Hüftgurt vom Rucksack umgeschnallt wird, das ist am schlimmsten" sagt Svenja und ist damit nicht allein. "Schnell loslaufen, dann tut alles gar nicht mehr so weh!" versucht Franziska zu motivieren und weiter geht es.

Die Frage "Woher kommt ihr und wohin wandert ihr?" begegnet uns häufiger auf unserem Weg. "Wir wandern nicht, wir pilgern" entgegnet Luis sofort. Eine kleine Attraktion sind wir schon in den verschlafenen Dörfern im ländlichen Thüringen.

Wir erleben viel in diesen fast fünf Tagen. Wir sind zu Gast in evangelischen und katholischen Gemeinden, überqueren die ehemalige innerdeutsche Grenze, begegnen dem Bischof vom Erzbistum Erfurt und lassen uns segnen, teilen Wasser, Brot und Schokolade, sammeln Pilgerstempel, singen und lachen, lassen uns von Blasen und schmerzenden Knien nicht aufhalten. Es ist eine sehr intensive Zeit.

In der Kirche des Klosters Volkenroda endet unser Pilgerweg. "Wir haben es geschafft, alle zusammen! Ich bin wahnsinnig stolz auf euch" fasst Franziska als Gruppenleitung das zusammen, was wahrscheinlich viele denken. Erschöpft und glücklich stehen wir dort, stimmen ein letztes Mal das Lied "Prince of Peace" an und spüren, dass wir diesen Weg nicht allein gegangen sind.

Zufrieden, erschöpft und glücklich treten wir die Heimfahrt an mit der Frage "Wann pilgern wir nach Santiago de Compostela?"

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